Die Eigenschaften des Wassers werden insbesondere durch die dreidimensionale Verkettung der Wassermoleküle über H-Brückenbindungen bestimmt, ohne die das Wasser mit seiner geringen Molmasse ganz andere Eigenschaften hätte. Das sehr kleine Molekül H2O schlüpft durch kleinste Poren und Kapillaren, bildet Wolken, kommt als Regen, Schnee und Hagel vom Himmel und bildet im Kollektiv die Meere und Gletscher der Erde. Die H-Brückenbindung spielt daher eine entscheidende Rolle für biologische, ökologische, geologische und technische Prozesse, insbesondere im Hinblick auf die einzigartigen physikalischen und chemischen Eigenschaften des Wassers. Wichtige Eigenschaften dieser Bindung lassen sich durch den quantenmechanischen Tunnel-Effekt erklären. Die Stärke und Dynamik dieser ungewöhnlichen H-Brückenbindung und ihrer 75 Anomalien sind entscheidend für die Selbstorganisation. Sie entsteht im Wasser durch die Anziehungskraft zwischen einem kovalent gebundenen Wasserstoffatom und einem freien Elektronenpaar eines anderen Atoms – Dipole sind nicht notwendig, was z.B. für einige Desinfektionsmittel und die Löslichkeit von Sauerstoff in Wasser wichtig ist.
Die Flexibilität der H-Brückenbindung und der Protonentransfer sind entscheidend für die besonderen Eigenschaften des Wassers wie Löslichkeit, Säure-Base-Eigenschaften, Struktur und Funktion von Biomolekülen wie Proteinen oder Zuckern, RNA/DNA, Protonentransfer in der Photosynthese, Wassertransport, Wolkenbildung, Schnee, Hagel, Eis, rutschige Oberflächen, Abfluss und Erosion von Gletschern, Karstbildung, Kettenreaktion in einem natürlichen Kernreaktor und die blaue Farbe der Erde. Die zahlreichen Zusammenhänge zeigen deutlich, dass die Eigenschaften und Konsequenzen der H-Brückenbindungen grundlegendes Wissen darstellen. Für das Leben ist die Wasserstoffbrückenbindung eine „conditio sine qua non“ – eine absolute Notwendigkeit.
Abbildung 1: Wasser als unsichtbare, gasförmige Luftfeuchtigkeit mit blauem Himmel, als schwebende Tröpfchen in weißen Wolken, als fließendes Wasser in weißen Bächen und als festes Eis in weißen Gletschern (Blick von der Alp Grüm Richtung Piz d’Arlas, Bild: Peter Bützer 2023).
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