Bereits in dem CLB-Artikel aus Ausgabe 11/12-2017 „Darwins „Kleine warme Teiche“ gewinnen an Plausibilität“ kam zum Ausdruck, dass die Chemie im Weltall einen entscheidenden Einfluss für die Entstehung des Lebens auf der Erde gespielt haben kann. In jüngster Zeit untermauern Erkenntnisse der Astronomie diese Einschätzung. Geführt haben zu diesen Einsichten der Einsatz neuer Instrumente, allen voran das Weltraumteleskop James Webb. Möglich wurde damit ein Blick in die Geburtsstätten von Exoplaneten (Abbildung 1). Spektren von planetenbildenden Scheiben weisen auf eine vielseitige Chemie in ihnen hin. Von besonderer Bedeutung für die Lebensentstehung ist, dass das Weltraumteleskop James Webb Wasser in der inneren Region einer Scheibe aus Gas und Staub um einen jungen Stern entdeckt hat. Bisher nahm man an, UV-Strahlung zersetzte in diesen Regionen das Wasser, die ähnlich für die Erdentstehung gewesen sein dürften. Die Entdeckung nun führt zu besseren Erklärungen über die Wassermenge auf der Erde. Zudem gibt es ein neues Szenario für die Entstehung der ersten Bausteine des Lebens auf der Erde. Experimente zeigen, wie Eisenpartikel aus Meteoriten und Vulkanasche als Katalysatoren für die Umwandlung einer kohlendioxidreichen frühen Atmosphäre in Kohlenwasserstoffe, aber auch Acetaldehyd und Formaldehyd gedient haben könnten. Schließlich hat man noch eine ungewöhnliche neue Form von chemischer Reaktion nachgewiesen. Sie könnte ermöglichen, dass kleine Biomoleküle, genauer: Peptide, auf der eisigen Oberfläche von kosmischen Staubkörnern entstehen.
Abbildung 1 (auch das Titelbild dieser CLB-Ausgabe): Die „Ursuppe“, aus der komplexe organische Vorläufermoleküle für biologische Prozesse entstehen, befindet sich nach immer mehr Erkenntnissen bereits im Kosmos. Dieses Bild des James-Webb-Weltraumteleskops zeigt den 390 Lichtjahre entfernten Sternennebel Rho Ophiuchi, in dem junge Sterne gerade ihre Planetensysteme bilden. Jets, die von jungen Sternen ausgehen, treffen auf das umgebende interstellare Gas und regen molekularen Wasserstoff an (in Rot dargestellt). Einige Sterne zeigen den Schatten einer zirkumstellaren Scheibe. In den Gaswolken lassen sich polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe nachweisen (das heller gefärbte Gas in der unteren Bildmitte). Auch Glykoaldehyde, die Bausteine für eine RNA-Kette bilden können, sowie Methylisocyanat, Baustein für replikationsfähige Moleküle, wurden bereits in interstellaren Wolken nachgewiesen (Abb.: NASA, ESA, CSA, STScI / Pontoppidan, Pagan).
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