Vom Kristall zur chaotischen Struktur – und zu Kunst, Wissenschaft und Technik

 
 

Glas ist durchsichtig

Glas ist ein moderner Werkstoff

Glas ist künstlich

Glas bricht leicht bei Biegebelastungen

Glas besteht aus Sand

Glas ist ein Isolator

– das alles sind Eigenschaften, die man dem Glas gewohnheitsmäßig wohl ohne zu Zögern zuspricht – und keine davon stimmt uneingeschränkt. Richtig ist: Atomare und molekulare Anordnungen in glasartiger Form können zu erstaunlichen Werkstoffen führen – und sogar Hinweise zu Gedächtnisprozessen liefern. Eine Übersicht über Glas – das die Menschen immer wieder fasziniert (Abbildung 1) – in Geschichte und Gegenwart sowie künftige Anwendungen gibt dieser Artikel – freilich ohne Anspruch auf Vollständigkeit.


Kurz gefasst: Glas und glasartiges Material

• Glas und glasartige Substanzen zeichnen sich dadurch aus, dass ihre Elemente (Atome, Moleküle, Spinträger, Informationsprozessoren) nicht in einer geordneten Kristallstruktur angeordnet, sonder in einer ungeordneten, chaotischen, amorphen Struktur vorliegen. Die entsprechenden Elemente interagieren über eine Nahordnung, nicht jedoch über eine Fernordnung.

• Es gibt natürliche Gläser organischer und anorganischer Art, u.a. erzeugt durch Vulkanismus, Meteore, Blitzeinschläge, „Versteinerungen“,

• Grundlegende Bausteinklassen für gebräuchliche Gläser sind Netzwerkbildner (SiO2) und -wandler (zur Herabsetzung des Schmelzpunktes) und Stabilisatoren. Andere Zuschlagstoffe beeinflussen u.a. die Farbe.

• Die Transparenz von Glas erklärt sich aus dem Bändermodell. Glasmacherseifen reduzieren den Grünstich des fast immer in Spuren vorhandenen Eisens einfacher Gläser. Modernste Technologien ermöglichen hochtransparente Gläser für extrem schnelle Datenübertragungen in Glasfasern.

• In der Geschichte der Glasherstellung führte dies auch zur Abholzung ganzer Wälder. Die Glasherstellung war eine frühe spezialisierte Produktion.

• Heute ist die Glasherstellung in riesigen industriellen Anlagen automatisiert.

• Der Weltglasmarkt teilt sich hauptsächlich in Hohlglas (60 %) und Flachglas (25 %). 10 % sind Spezialgläser, 5 % Glasfasern.

• Spezialgläser gibt es für hohe Transparenzen, chemische Resistenz sowie sicherheitstechnischen Anwendungen.

• Metallische Gläser bzw. amorphe Metalle sind seit kurzem durch extrem schnelles Abkühlen von Metallen bzw. neuartige Metall-Legierungen vorhanden, mit teils ungewöhnlichen Eigenschaften.

• Spingläser übertragen das Prinzip ungeordneter, nahordnungs-bestimmter Elemente auf magnetische Teilchen. Sie ermöglichen auch Modelle für neuronale natürliche und künstliche Prozesse.

Die Faszination und die Vielfalt von Glas und glasartigen Materialien   

Autor: Rolf Kickuth